Bevor wir uns den Chancen und Herausforderungen der Energiewende im deutschen Stromnetz widmen können, ist es zunächst wichtig eine kurze Bestandsaufnahme der aktuellen Situation vorzunehmen. Woher kommt denn nun eigentlich unser Strom in Deutschland?

Das obige Beitragsbild zeigt die jährliche Stromproduktion in Deutschland von 2015 bis 2022 nach den verschiedenen Produktionsarten. Die zugrundeliegenden Daten stammen direkt von der Bundesnetzagentur (siehe: smard.de) und sind öffentlich verfügbar. Die zugehörigen, genauen Zahlenwerte sind in der Tabelle unten zu finden.

Aktuelle Jahresbilanz

Schauen wir zunächst auf die Jahresbilanz des vergangenen Jahres 2022. Die gesamte Stromproduktion in Deutschland betrug im letzten Jahr 506,8 TWh (Terawattstunden, 1 TWh = 1000 GWh = 1Million MWh = 1 Milliarde kWh). Knapp die Hälfte, nämlich 46,1% davon, wurde aus erneuerbaren Quellen eingespeist. Den größten Anteil daran hatte die Windkraft, die insgesamt etwa ein Viertel des deutschen Stroms lieferte (19,8% aus Onshore- und 4,9% aus Offshore-Anlagen). Danach kam die Photovoltaik mit 10,9% und die Biomasse mit 7,8%. Wasserkraft und sonstige Erneuerbare lieferten nur kleine Beiträge von 2,4% bzw. 0,2%. Weitere 6,5% des Stroms wurden zwar nicht erneuerbar aber zumindest emissionsfrei aus Kernenergie gewonnen, sodass wir insgesamt eine emissionsarme Einspeisung von 52,6% hatten – also etwas mehr als die Hälfte.

Die zweite Hälfte des Stroms wurde aus konventionellen Kraftwerken mit hohen Emissionen eingespeist. Dazu zählen zunächst die Braunkohlekraftwerke, die 20,4% des Stroms erzeugt haben, neben den Steinkohlekraftwerken mit 12,4%. Die Stromerzeugung aus Kohle macht damit also noch immer fast ein Drittel der deutschen Stromproduktion aus, und stellt damit den größten Einzelbeitrag zur deutschen Stromversorgung dar. Des Weiteren wurden 10,6% aus Erdgas gewonnen. Sonstige Konventionelle machten 1,9% der Einspeisung aus.

Entwicklung der letzten Jahre

Erkennbar ist ein deutlicher Zuwachs der Einspeisung an erneuerbaren Energien über die Jahre hinweg, vor allem bei Photovoltaik und Windkraft – im Gegenzug hat die Verstromung von Kohle abgenommen. Ebenfalls ist der Rückgang der Einspeisung durch Kernenergie aufgrund des deutschen Atomausstieg deutlich erkennbar. Eine gewisse Ausnahme von diesen langfristigen Trends bilden die Jahre 2020 und 2021.

Aufgrund der Corona-Pandemie wurde in 2020 weniger Strom verbraucht und folglich auch erkennbar weniger erzeugt. Gleichzeitig war 2020 ein sehr windreiches Jahr, weswegen es zum bisherigen Allzeithoch beim Anteil der Erneuerbaren wurde mit ganzen 47,1%. Außerdem waren 2020 noch sechs Kernkraftwerke in Deutschland am Netz, sodass der Gesamtanteil an emissionsarmer Einspeisung sogar 59,4% betrug.

Im Jahr 2021 stieg der Stromverbrauch und folglich auch die Einspeisung wieder an. Da das Jahr nicht so windreich war, verlor die Windkraft 3,7 Prozentpunkte ihres Anteils am deutschen Strom im Vergleich zu 2020. Entsprechend sanken auch der Gesamtanteil der erneuerbaren bzw. emissionsarmen Einspeisung auf 42,7% bzw. 55,6%. Dies wurde vor allem durch Verstromung von Kohle ausgeglichen, die um 5,9 Prozentpunkte zulegte.

Im letzten Jahr 2022 war wieder ein Zuwachs an Einspeisung aus Windkraft und Photovoltaik zu verzeichnen. Die gesamte erneuerbare Einspeisung stieg wieder auf 46,1%. Aufgrund der Abschaltung der Kernkraftwerke Brokdorf, Grohnde und Gundremmingen C halbierte sich jedoch die Einspeisung aus Kernenergie, sodass der Gesamtanteil emissionsarmer Einspeisung zum zweiten Mal in Folge abnahm auf nunmehr 52,6%. Dies wurde wiederum durch Kohleverstromung ausgeglichen, die in 2022 daher wieder fast ein Drittel der deutschen Stromproduktion ausmachte, nämlich 32,8%. (siehe auch: Bericht von energy-charts.info)

Ausblick auf dieses Jahr

Gemäß den ambitionierten Ausbauplänen der Bundesregierung bei Photovoltaik und Windkraft ist in diesem Jahr mit einem weiteren Anstieg der Einspeisung aus erneuerbaren Quellen zu rechnen (siehe auch: Grafik „Liegt der Wind- und Solarausbau im Plan?“ von Zeit online). In Rücksicht auf die Zunahme der letzten Jahre (ausgenommen 2021) rechne ich mit einem Anteil von knapp 50% in der Jahresbilanz. Nach der Verschiebung des Atomausstiegs in Deutschland werden die verbliebenen Kernkraftwerke Emsland, Isar 2 und Neckarwestheim 2 nun am 15. April 2023 vom Netz gehen. Bis dahin werden sie unter 10 TWh ins deutsche Stromnetz eingespeist haben und in der Jahresbilanz folglich nur noch unter 2% ausmachen. Nach dieser Schätzung würde der Anteil an emissionsarmer Erzeugung somit auch in diesem Jahr nicht ansteigen, sondern bei etwa 52% verbleiben. Bleiben wir gespannt, wie es am Ende aussieht.

Jahr20152016201720182019202020212022
Konventionelle:
Sonstige Konventionelle53,0 (9,8%)47,3 (8,7%)48,7 (8,9%)12,8 (2,4%)12,7 (2,4%)12,9 (2,6%)13,0 (2,6%)9,8 (1,9%)
Pumpspeicher9,9 (1,8%)8,6 (1,6%)9,3 (1,7%)9,1 (1,7%)9,0 (1,7%)11,5 (2,3%)8,7 (1,7%)10,6 (2,1%)
Erdgas15,2 (2,8%)22,9 (4,2%)25,6 (4,7%)42,9 (7,9%)54,6 (10,5%)59,1 (11,9%)52,4 (10,4%)53,5 (10,6%)
Steinkohle81,1 (15,1%)80,9 (14,9%)66,0 (12,1%)71,5 (13,2%)47,8 (9,2%)34,9 (7,0%)51,8 (10,3%)62,9 (12,4%)
Braunkohle133,8 (24,8%)130,4 (24,1%)129,3 (23,6%)128,4 (23,6%)102,7 (19,7%)83,4 (16,8%)98,2 (19,4%)103,5 (20,4%)
Kernenergie84,4 (15,7%)80,2 (14,8%)72,2 (13,2%)71,8 (13,2%)71,0 (13,6%)60,9 (12,3%)65,4 (13,0%)32,8 (6,5%)
Erneuerbare:
Sonstige Erneuerbare0,9 (0,2%)1,4 (0,3%)1,8 (0,3%)1,5 (0,3%)1,5 (0,3%)1,6 (0,3%)1,5 (0,3%)1,2 (0,2%)
Photovoltaik34,9 (6,5%)34,5 (6,4%)35,9 (6,6%)41,2 (7,6%)41,9 (8,0%)45,8 (9,2%)46,6 (9,2%)55,3 (10,9%)
Wind Onshore69,0 (12,8%)65,3 (12,1%)85,2 (15,6%)89,3 (16,4%)99,9 (19,1%)103,1 (20,8%)89,4 (17,7%)100,6 (19,8%)
Wind Offshore8,1 (1,5%)12,1 (2,2%)17,4 (3,2%)19,1 (3,5%)24,4 (4,7%)26,9 (5,4%)24,0 (4,8%)24,7 (4,9%)
Wasserkraft13,7 (2,5%)18,1 (3,3%)15,6 (2,8%)15,3 (2,8%)15,8 (3,0%)15,6 (3,1%)14,5 (2,9%)12,4 (2,4%)
Biomasse34,8 (6,5%)39,7 (7,3%)40,3 (7,4%)40,1 (7,4%)40,4 (7,7%)40,8 (8,2%)39,5 (7,8%)39,5 (7,8%)
Summen:
Kohle gesamt214,9 (39,9%)211,3 (39,0%)195,3 (35,7%)199,9 (36,8%)150,5 (28,9%)118,2 (23,8%)150,0 (29,7%)166,4 (32,8%)
Erneuerbare gesamt161,6 (30,0%)171,1 (31,6%)196,2 (35,8%)206,5 (38,0%)223,9 (42,9%)233,8 (47,1%)215,5 (42,7%)233,7 (46,1%)
CO2-arm gesamt (EE + Kernenergie)245,9 (45,6%)251,4 (46,4%)268,4 (49,0%)278,3 (51,2%)294,9 (56,5%)294,7 (59,4%)280,9 (55,6%)266,5 (52,6%)
Insgesamt539,0541,5547,3543,1521,8496,6505,0506,8
Tabelle: Stromproduktion in Deutschland in Terawattstunden (TWh). Datenquelle: Bundesnetzagentur | SMARD.de
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